„Musliminnen und Muslime werden in Deutschland zunehmend heimisch und schlagen Wurzeln. Das zeigt sich an den Entwicklungen im Bestattungswesen. Trotz großer Fortschritte gibt es allerdings noch zahlreiche Hürden“, so Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), und Dr. Mustafa Uyanık, Vorsitzender von UKBA Bestattungshilfeverein e.V. Anlass ist das Gutachten der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (aiwg) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Danach lassen sich immer mehr Musliminnen und Muslime in Deutschland bestatten.
„Der Befund aus dem Gutachten deckt sich mit unseren Beobachtungen und Erfahrungen. Die muslimische Bevölkerung in Deutschland wird zunehmend heimisch, lässt sich immer öfter in Deutschland beisetzen, dort, wo ihre Familie lebt, wo sie Wurzeln geschlagen haben. Das ist grundsätzlich eine erfreuliche Entwicklung. Sie ist uns zugleich aber auch ein Handlungsauftrag: Denn gäbe es zahlreiche Hürden bei islamischen Bestattungen nicht, würden die Zahlen noch höher ausfallen“, erklärt IGMG-Generalsekretär Ali Mete.
UKBA-Vorsitzender Dr. Mustafa Uyanık bestätigt: „Dass die Zahlen steigen, hängt maßgeblich mit zahlreichen Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren zusammen, die muslimische Bestattungen überhaupt erst ermöglicht haben. Weil die Gesetzgebung allerdings Ländersache ist, ist sie sehr uneinheitlich und gleicht einem Flickenteppich. Während manche Bundesländer Vorreiter sind, hinken andere hinterher und erschweren die Beisetzung nach islamischem Ritus. Es gibt noch viel zu tun.“
Dem aiwg-Gutachten zufolge ist in den vergangenen Jahren der Gesetzgeber den Bedürfnissen der muslimischen Bevölkerung entgegengekommen, allerdings gibt es auch weiterhin zahlreiche Lücken. So gilt die Sargpflicht in Sachsen und Sachsen-Anhalt bis heute. In anderen Bundesländern gibt es Schwierigkeiten bei der möglichst zeitnahen Beisetzung, weil gesetzliche und bürokratische Hürden sowie organisatorische Abläufe die Bestattung verzögern. An manchen Orten sind die Hürden praktischer Natur: So fehlt es in Krankenhäusern, wo die meisten Menschen ihre letzten Tage verbringen, an religions- und kultursensiblem Wissen. Gleiches beobachtet man in Behörden und Ämter oder bei Friedhofsträgern. Das Gutachten empfiehlt Abstimmung mit muslimischen Interessenvertretungen.
„Die Entscheidung, in welchem Land die Beisetzung erfolgen soll, ist für die Betroffenen und Hinterbliebenen nicht nur eine emotionale oder praktische Frage, sondern auch eine Frage der Kosten und des bürokratischen Ablaufs. So entscheiden sich nicht wenige Musliminnen und Muslime für eine Besetzung im Ausland, weil kostenintensive Verfahrensabläufe die Bestattungskosten in Deutschland in die Höhe treiben. Eine Beisetzung in Deutschland kann im Vergleich zu seiner Bestattung in der Türkei beispielsweise fast doppelt so viel kosten, obwohl hier keine Überführungskosten anfallen“, erklärt Dr. Mustafa Uyanık.
Ali Mete ergänzt: „Hinzu kommt, dass in Deutschland die Suche nach einem Grabfeld oft schwierig ist, weil es nicht ausreichend Platz gibt. Hier stehen Städte, Kommunen gemeinsam mit Friedhofsträgern in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Wir sehen und würdigen, dass es in diesem Bereich an vielen Orten bereits wohlwollende Bestrebungen gibt. Wir beobachten aber auch, dass das oftmals zu lange dauert. Es sollte nicht sein, dass Menschen, die in Deutschland heimisch sind, sich nach ihrem Ableben ins Ausland überführen lassen, weil es keinen Platz für ihr Grab gibt.“